Ihre Hand griff nach dem Ast, fasste ins Leere, schlug nach. Da erwischte sie ihn, zog sich hinauf und fiel gegen den Baumstamm. Es war dämmrig, mit dem Jackenärmel fuhr sie sich über die Stirn, schwer wog der Stoff, der Boden war weich und dunkel. Durch das Blattwerk hindurch sah sie die Anlage unten im Tal. „Geh weiter“, flüsterte sie zu sich. Da knackte etwas. Sie erstarrte, presste die Augen zusammen und hielt den Atem an. Aber da war nichts mehr zu hören als das Rauschen der Blätter.
Vorsichtig öffnete sie die Augen. Vor ihr erstreckte sich ein dunkler Wald den Hang hinauf und in den Abend hinein. Sie zerrte ihre Stiefel aus dem aufgeweichten Boden, jeder Schritt schlammte. Zweige und ausgedörrte Blätter knackten. Hin und wieder hielt sie inne, kniff die Augen zusammen und lauschte. Je weiter sie kam, desto mehr Äste, Laub und Gestrüpp ragten aus dem Morast, nirgends war ein Pfad oder ein Zeichen früherer Aufstiege zu sehen. Die Bäume standen eng, dunkler und dunkler wurde es, nur oben am Kamm schimmerte ein heller Streif des Spätnachmittagslichts.
Fuß vor Fuß schritt sie den Hang bergan, da versperrte ihr ein Wall aus Dornen und Ästen den Aufstieg. Sie stolperte daran entlang, knickte um, ihre Jacke verfing sich im Gestrüpp, sie zerrte daran, verlor das Gleichgewicht und fasste mit der Hand in den Dornenbusch. Sie schrie auf.
„Schluck das“, brüllt ihr eine ins Ohr, den Stock drohend über ihr. Sie sieht den roten Striemen auf ihrem Handrücken, nimmt das Glas mit zitternden Fingern und trinkt. Die Flüssigkeit brennt auf der Zunge, sie will absetzen, doch schon streift der Stock ihren Arm. Dann ist das Glas leer, die Tür fällt ins Schloss, die Lampe erlischt.
Es ist dunkel. Sie schaut von ihrem Schemel hinauf zu dem kleinen Fenster in der Wand. Eine Weile dauert es, da endlich weichen die Wände, das Fenster öffnet sich, Licht fällt herein, es wird hell.
Ihre Hand schmerzte. Doch dann sah sie auf und bald wurde ihr leichter ums Herz. So weit war sie noch nicht gekommen! Doch sie konnte keinen Durchlass, keinen Pfad durchs Dickicht erkennen. Und bald würde es dunkeln, schon wogten die Bäume schattengleich gegen den schwachen Streif am Kamm.
weiterlesen? hier können sie erfahren, wie die protagonistin die etappe bewältigt, – und zwar als
pdf zum ausdrucken und demnächst auch als interaktive erzählung für pad und als taschenbuch.